Ich bin der Atem
Bevor die Menschen ihre Ankunft auf dieser wunderbaren Welt mit ihrem ureigenen Klang erfüllen, mit einem Schrei aus tiefstem Herzen oder tiefster Lunge, bin ich schon da. Ich stelle die Mittel zur Verfügung, damit die Menschen ihren Lebensschrei umsetzten können. Ich bin der Atem.
Ich begleite die Menschen vom Moment ihres ersten Atemzuges bis zum Aushauchen ihres letzten und endgültigen Atemszuges, ich bin ihr ewiger Begleiter. Manche Menschen wissen allerdings nicht, dass es mich gibt, denn ich funktioniere über ihr autonomes Nervensystem, d.h. ich bin da, was immer die Menschen auch gerade tun – und sie tun immer etwas, sind immer und andauernd mit Dingen beschäftigt und beachten mich meist nicht - aber ich bin da. Wäre ich nicht da, gäbe es die Menschen nicht. Ich bin der Atem.
Die Mediziner unter den Menschen sagen, ich versorge mit jedem Atemzug wichtige Organe im Körper, wie die Lungen und Bronchien. Dies ist aber nur der grobe Bereich, denn eigentlich bin ich in der Lage, den gesamten Körper mit Lebensenergie zu versorgen, ja ich kann sogar durch meine Anwesenheit eine heilende Wirkung auf verletzte Teile des Körpers haben. Wenn man mich in die Regionen des Körpers führt, die Heilung brauchen. Ich kann jede Zelle des Körpers ausfüllen. Die Mediziner unter den Menschen sagen, das ist anatomisch nicht möglich. Es ist möglich, ich bin überall, ich bin der Atem.
Die Menschen bekommen bei der Ankunft auf der Erde eine bestimmte Menge von mir mit auf ihren Lebensweg. Oft verbrauchen sie mich viel zu schnell und lassen mich nicht tief genug in ihr Körpersystem einschweben, damit ich sie unterstützen kann. Oft gelange ich nur in einen kleinen Teil ihrer Lungen und muss sofort wieder entweichen, weil der Weg zum unteren Teil ihrer Lungen blockiert ist. Das ist sehr traurig, denn es würde den Menschen besser gehen, wenn sie mich spüren würden und mir helfen würden, den Weg frei zu machen.
Oft spüren die Menschen mich aber gar nicht. Ich könnte ihnen noch viel mehr geben und ihnen Erleichterung verschaffen. Ich bin unerschöpflich, ich bin der Atem.
Die Wissenschaftler unter den Menschen beschreiben meine Anwesenheit so: Der Mensch nimmt mit dem Einatmen Luft (insbesondere Sauerstoff =O) in die Lunge auf, und mit dem Ausatmen gibt der Mensch verbrauchte Luft (insbesondere Kohlendioxyd = CO2) wieder ab. Diesen Vorgang bezeichnet man als Atmung. Die Atmung verteilt Sauerstoff über die Blutbahnen zu den Geweben und Zellen. So gesehen bin ich auch wissenschaftlich erklärt in jeder Zelle vorhanden. Ich beschreibe meine Anwesenheit so: In der Luft ist die meiste Lebensenergie enthalten, auf Bergen und an den Küsten ist die reinste Lebensenergie in der Luft. Mit jedem Einatmen schenke ich den Menschen neue Lebensenergie, mit jedem Ausatmen entlasse ich Verbrauchtes aus dem Körper. So einfach ist das, denn ich bin der Atem.
Die Menschen atmen ein und aus, dass tun sie ihr ganzes Leben lang und meist schenken sie diesem Vorgang keine
Beachtung, denn tatsächlich geschehe ich völlig autonom. Und doch können die Menschen meinen Weg steuern und lenken und so dafür sorgen, dass es ihnen gut geht. Dazu müssen sie lernen, dass es
einen engen Zusammenhang zwischen ihrer Art zu leben, ihrem Befinden, ihren seelischen Zuständen und der Atmung gibt. Wenn ein Mensch sehr aufgeregt ist und der Kopf voller Gedanken ist, lässt er
mich kaum in sein System einschweben. Ich bin nur ganz flach vorhanden, nur ganz kurz
anwesend und werde ganz schnell wieder ausgestoßen. In dieser knappen Zeit kann ich mich nicht verteilen und den menschlichen Körper mit Lebensenergie versorgen. Das führt leider dazu, dass die
Menschen krank werden und ihre Zustände sich verschlimmern, während ich die ganze Zeit über da bin und zu jeder Zeit helfen könnte, wenn die Menschen meinen Einfluss auf ihr Befinden wahrnehmen
würden. Ich bin der Atem.
Ich bin ein Geschenk und ein Teil von etwas viel Größerem, ich bin die Brücke und die Verbindung zwischen dem Körper und der Seele. Ich bin sanft und fein und ganz leicht einzufangen. Wenn die Menschen mich in ihrem Herzen einige Sekunden festhalten, kann ich viel für sie tun. Wenn die Menschen mich tief einladen in ihr System, mich sanft halten und ganz langsam wieder entlassen, macht sich eine tiefe Ruhe in ihnen breit und ihre Flut an Gedanken wird gemäßigt. Ich bin immer da und mit dem letzten Atemzug des Menschen begleite ich die Seele und lasse sie aufsteigen. Ich bin der Atem.
12.08.2022
Far niente oder so....
Schon seit Tagen ist es sehr warm, fast schon heiß. Meine Gedanken fließen träge und fühlen sich schwer an. Im Augenblick fühlt sich mein ganzes Leben schwer und dehnbar an. Ich bin umtriebig, weiß nicht wohin mit mir, weiß nicht, welche Richtung, welchen Weg ich gehen soll. Schau hier hin und dorthin und nichts scheint wirklich richtig zu sein, nichts berührt mich, nichts scheint erstrebenswert. In meinem Bewusstsein führe ich innere Dialoge. Die eine Stimme sagt, mache dies, tue jenes, bilde dich fort, mache es besser, such einen anderen Job, mache dich selbstständig...
... nein lieber nicht, genieße deine finanzielle Sicherheit, ziehe um, wander aus und so weiter. Die andere Stimme sagt, bleibe wo du bist, mach deinen Job gut, alles ist gut, wie es ist, genieße deine freie Zeit...und ich stehe rum und frage mich, was mache ich jetzt damit? Was bediene ich jetzt? Wie geht es mir hiermit, wie geht es mir damit? Warum stelle ich mir überhaupt so viele Fragen? Was ist das für ein Leben, das ich gerade führe? Ist es gut, ist es schlecht? Ist es weder noch? Dann meldet sich eine dritte Stimme, die sagt: nur der Blick auf etwas Höheres ist gut, richte dich danach aus. Buddha blickt gelassen auf alles und ist doch Teil von allem. Er unterscheidet nicht zwischen Haben wollen und Nicht-Haben Wollen, Buddha schaut sich das Weltenspiel an, ohne sich darin zu verfangen. Hm, nun ja, ich bin sehr weit davon entfernt, auch nur in die Nähe des Buddhas zu kommen. ich hänge zu tief und zu fest in dem Fädengespinst meines Alltags, meines Lebens. Ich scheine mich nicht so recht lösen zu können von den Fäden, obwohl sie mir zuweilen die Luft abdrücken und mir das Atmen schwer fällt. Immer dann, wenn ich glaube, einen guten Gedanken zu haben, der es lohnt, weiter gedacht zu werden, keimt Druck auf und die Fäden ziehen strammer brüllen: Zeit drängt, du musst gleich los, so viele Dinge noch zu erledigen! Wenn ich dem nachgebe, was meistens der Fall ist, entschweben diese Gedanken und Visionen in untere Schichten meines Bewusstseins und verbleiben dort. Erstmal. Hin und wieder spüre ich dann, wie etwas aus mir heraus will, wie sich etwas in mir formen will, aber noch nicht ganz fertig ist, wie ein merkwürdiges Gefühl in mir hochsteigt, für das ich noch kein Wort oder Worte habe, wie etwas im Inneren auf der Lauer liegt und ausbrechen möchte, wie der Spalt der Türe ein Stück offen steht und schüchternes Licht sich durch den Spalt schiebt, wie die Grenze zu irgendwas durchlässig wird, wie die Fäden lockerer und dünner werden...doch dann wandert mein Blick zu Uhr, doch dann klopft der Alltag laut an die Tür, doch dann fordert die andere Realität ihren Tribut, doch dann....
Irgendwann wird es mir gelingen, diesen Moment zu durchbrechen und ich werde lernen, möglichst vieles nicht zu tun, um der Muße Einlass zu gewähren und meine inneren Türen zu öffnen.