
Diese Bank steht an einem kleinen Teich mitten in einer kleinen Stadt. Auf dieser Bank hat sich eine Freundschaft gelöst. Es wurde viel gesprochen, viel geredet, gesucht nach Worten, um innere Zustände zu beschreiben...und doch ist rückblickend wenig so angekommen, wie es gefühlt wurde. Manchmale fehlen Worte, manchmal gelingt es nicht, den Menschen zu erreichen.
Das Herz ist dabei, doch zusammengezogen und überflutet von Emotionen, deren Einordnung noch nicht gelingt. Plötzlich ist der Blick ein anderer, plötzlich stellt sich das eigene Leben anders da und es fühlt sich an, als ob man aus einem Rahmen langsam heraus rutscht, als ob der Rahmen nicht mehr halten kann, als ob es zu eng und gleichzeitig zu weit wird. Die einstige Nähe und Verbundenheit zum anderen Menschen scheint sich aufzulösen, dass ist schmerzhaft und macht Angst und es ist noch kein Verstehen da. Der Kopf kann nicht erfassen, was das Herz bereits weiß. Der Kopf versucht Erklärungen zu finden, sucht nach Formulierungen, nach Worten und Sätzen, doch alles klingt nicht richtig, es fehlt was zum Verständnis, es kommt kein Echo, eher bleiben die Wörte hängen im luftleeren Raum. Was ganz klar ist, ist der Schmerz. Ist der Verlust. Nichts ist für immer. Nach einer Zeit finden manche Wege wieder zusammen, andere bleiben getrennt. Dieser Weg, der auf dieser Bank sein Ende gefunden hat, bleibt vermutlich getrennt.
Auch wenn es eine Weile später klare Worte in mir gibt, bessere Erklärungen und ein schmerzvolles Sehnen nach einem Gespräch und viele Briefe, die ich nie abschicke, dieser Weg ist verschlossen.
Eine Freundschaft gehen zu lassen, die so nahe an meinem Herzen war, fällt mir schwer. Bis heute.

Diese Bank steht auf einem Friedhof. In der Nähe dieser Bank ist mein Vater begraben.
Ich sitze oft dort, es ist schattig unter dem Baum und an den meisten Tag ist es ein sehr stiller Ort. Wie man das von Friedhöfen im Allgemeinen erwartet. Ich schätze diese besondere Energie oder Stimmung sehr...obwohl rings um den Friedhof das Leben tobt - eingebettet zwischen einer stark befahrenen Hauptstraße auf der einen Seite und einer etwas ruhigeren Straße mit einem großen Discounter auf der anderen Seite.
Wenn ich nach einem arbeitsreichen und lauten Arbeitstag dort bin, die Blumen auf dem Grab meines Vaters gieße, Unkraut zupfe und mich abschließend auf die Bank setze, komme ich wieder bei mir an. Ich spüre, wie (fast) alle Anspannung abfällt und wie der Lärm der vergangenen Stunden leiser wird bis er schließlich ganz abklingt. Je länger ich dort sitze, den Vögeln lausche und dem Rascheln der Blätter über mir, desto klarer werden meine Gedanken. Manchmal rede ich mit meinem Vater, erzähle was alles so passiert ist und versichere ihm, das seine Enkel gut im Leben angekommen sind, das sie an vielen Tagen glücklich sind, ihre Wege suchen und ab und zu finden. Ich erzähle ihm, wie traurig ich manchmal bin, dass er so vieles nicht mehr erleben darf, dass er seinen Enkel als erwachsenen Mann nie gesehen hat, die angehende Selbstständigkeit seiner Enkelin nicht erlebt. Ich weiß, dass er unglaublich stolz wäre...und ich weiß, dass Gespräche im Konjunktiv nicht sehr erfüllend sind. Aber wenn ich ihm hier so alles erzähle von unserer Familie, ist er ja nach wie vor ein Teil davon und wird es immer bleiben. Solche gedanklichen Gespräche sind für mich wertvoll, ich werde klarer und vor allem fühle ich eine tiefe Demut dem Leben gegenüber und einer daraus entstehenden Dankbarkeit für diesen wunderbaren Menschen, der mein Vater war.

Diese Bank steht auf einem breitem Steg, der in die Ostsee hereinragt.
Rahel Grünberg hat dort gesessen, als sie eimal Urlaub genommen hat von ihrem übervollen Terminkalender. Sie war gerade mit einem sehr persönlichen Fall beschäftigt und brauchte etwas Abstand von ihrem Alltag und ihrem Umfeld, um klare und gute Entscheidungen zu treffen.
Sie hatte einen Zeitpunkt gewählt, an dem nicht viel los war an der Küste.
So saß sie allein auf dieser Bank und dachte über ihren persönlichen Fall nach. Sie saß eigentlich immer allein auf Bänken und dachte nach. In ihrem Berufsleben gab es viele Menschen, in ihrem Privatleben gab es wenige Menschen, was ihr gut gefiel.
Ab und zu ließ ihren Blick über das Meer schweifen und genoß die Weite, die sich vor ihren Augen und in ihrem Inneren öffnete.
Am Meer kann man sich frei denken, dachte sie und schloss einen Moment die Augen, nahm die Weite mit sich.
Wie immer sie sich entscheiden würde in diesem persönlichen Fall, es würde verbrannte Erde geben.
Heute noch nicht, entschied sie und öffnete die Augen, atmete tief die Meersluft ein und beschloss einen Spaziergang zu machen.
(Auszug aus einer (noch) unvollendeten Geschichte um die Psychotherapeutin Rahel Grünberg)